Ringvorlesung
Philipp Ursprung: Hauptstadt des Schmerzes: Godards Alphaville und die dunkle Seite des Wohlfahrtsstaates
15. November 2012, 20.00 Uhr, Filmmuseum Frankfurt
In Alphaville (1965) schildert Jean-Luc Godard eine Stadt, deren Bewohner, von der Aussenwelt isoliert, den Anweisungen eines Computers folgen. Alpha 60, das „Herz“ der Stadt, ist der Kontrolle durch die Menschen entglitten und beherrscht nun diese. Der Film ist schwarz-weiss gedreht und erinnert an die Gattung des Film Noir. Während der Film Noir in den Ruinen der Industriegesellschaft spielt, nimmt Alphaville die Ruinen der Informationsgesellschaft vorweg. Als Kulissen fungieren die Neubauten der 1960er Jahre, Rasterarchitekturen der Bürokratie und des sozialem Wohnungsbaus. Es sind die Räumlichkeiten des Nachkriegs-Wohlfahrtsstaates, welche die Bürger zugleich schützen und kontrollieren. Wie lässt sich der Film in Beziehung setzen zur damaligen Architekturdiskussion? Welches ist der politische und ökonomische Kontext? Was macht ihn aus heutiger Sicht, angesichts des Zerfalls des Wohlfahrtsstaates, brisant?
Film: Alphaville, F 1965, 99 Minuten, schwarz/weiss.
Philip Ursprung ist Professor für Architekturgeschichte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich