Prof'in Dr. Kristin Böse

E-Mail: Boese@kunst.uni-frankfurt.de

Raum SKW 05.B125
Telefon (069) 798 - 22222

Sprechstunden 
Montags,  15:00 bis 16:00 Uhr. Anmeldungen über Frau Müllers.



Professur für Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Mittelalter

Stellv. geschäftsführende Direktorin

Modulbeauftragte für die Module 2 und 4 (BA); 1, 3 und 5 (MA)



6. Forum Kunst des Mittelalters

SINNE / SENSES


Frankfurt am Main, 28.09.-01.10.2022


Organisation: Kristin Böse und Joanna Olchawa (Goethe-Universität Frankfurt)
mit weiteren Partnern in Frankfurt am Main sowie dem Deutschen Verein für Kunstwissenschaft e.V.

Weitere Informationen: www.mittelalterkongress.de

Programm als PDF 

Akademischer Werdegang

seit 2018
Professorin für mittelalterliche Kunst am Kunsthistorischen Institut der Goethe-Universität Frankfurt am Main
2014 – 2018
Professurvertretung am Institut für Kunstgeschichte der HHU Düsseldorf
2015
Habilitation (Von den Rändern her gedacht. Visuelle Rahmungsstrategien in frühmittelalterlichen Handschriften am Beispiel der Iberischen Halbinsel)
2014
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Mittelalterstudien (ZEMAK), Universität zu Köln
2013    
Visiting Scholarship am Institute for German Cultural Studies der Cornell University
2010-2013    
Fellow der Fritz Thyssen-Stiftung (Ornament, Zeichen und Raum. Konstruktion von Identität in spanischen Handschriften des 10.-12. Jh.)
2003-2010
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln
2004    
Promotion im Fach Kunstgeschichte an der Universität Hamburg (Gemalte Heiligkeit. Bilderzählungen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts; Publikation der Doktorarbeit 2008 mit dem Hans-Janssen-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ausgezeichnet)
2003     
Doktorandenstipendium am Deutschen Historischen Institut in Rom
2000 - 2002    
Doktorandenstipendium der Universität Hamburg
1993-1999
Studium der Kunstgeschichte, Älteren deutschen Literatur und Klassischen Archäologie an der Universität Hamburg und der Université de Bourgogne in Dijon

Projekte

Ansichtssache.

Zur Visualität der Unterseite früh- und hochmittelalterlicher Objekte (9.-13. Jh.)

Es lassen sich verschiedene Gründe dafür anführen, dass Unterseiten dimensionaler Objekte in der mittelalterlichen Kunstgeschichte bisher keine Aufmerksamkeit erfahren haben. Bis heute nimmt man in der musealen Szenographie selten Rücksicht auf die Stellfläche. Man ist geneigt, eher dem edlen Stein als dem Braunfirnis, eher dem Figürlichen als dem Ornamentalen den Vorzug zu geben. Allzu oft sind Beschreibungen mehransichtiger Objekte durch Begriffe wie ‚Schauseiten' oder ‚Vorderseiten' vs. ‚Rückseiten' geprägt, deren normativer Charakter kaum hinterfragt ist. Damit wird jedoch eine funktionale Hierarchisierung der Seiten fortgeschrieben, die nicht mit den historisch verwendeten Begriffen, Wahrnehmungsweisen und Bewertungen übereinstimmen muss.

Gleichwohl zeigen die bisher bekannten Beispiele, dass die Unterseite zu gestalten weder eine nachrangige/marginale noch eine auf bestimmte Regionen und Zeiten des europäischen Mittelalters beschränkte Gestaltungsaufgabe gewesen sein kann. Das Projekt will diese Forschungslücke schließen. Es nimmt eine grundlegende sowie systematische Untersuchung der Unterseiten vor und leistet auf diese Weise einen Beitrag zur Geschichte der Sichtbarkeit im Mittelalter. Hochmittelalterliche Tragaltäre des 12. und 13. Jahrhundert bieten sich als Nukleus der Untersuchung an, nicht nur, weil hier vergleichsweise häufig gestaltete Unterseiten zu finden sind, sondern auch weil sie eine hinsichtlich Funktion und Adressatengruppe homogene Gruppe darstellen. Davon ausgehend kommen andere Objekte der Schatzkunst vom frühen bis zum hohen Mittelalter, Vasa sacra wie Kelche, Patenen und Pyxiden, aber auch Reliquiare in den Blick – einer Objektgruppe, denen Tragaltäre deshalb verwandt sind, weil in ihnen vergleichbar den ortsfesten Altären Reliquien verwahrt worden sind.

Da in Bestands- und Ausstellungskatalogen die Gestaltung der Stellflächen wenig Berücksichtigung finden, ist zunächst eine materielle Sicherung im Hinblick auf die Quantität und den technischen Zustand der Objekte zu leisten. Zum anderen gilt es ein methodisches Instrumentarium ihrer Bearbeitung zu entwickeln. Zwar hat man sich jüngst verstärkt den Effekten einer gezielten Inszenierung versteckter Seiten gewidmet, die Unterseiten finden hier jedoch keine Berücksichtigung, weil es ihnen an einer offenbarungstheologisch begründbaren, entbergenden Apparatur fehlt. Die Unterseiten lassen sich daher nicht aus einem sinnproduzierenden Wechselspiel von ‚verbergen' und ‚offenbaren' begreifen. Als mobile Bildträger forderten Tragaltäre, Reliquiare und Vasa Sacra einen beweglichen Betrachter und waren damit in flexible Nutzungskontexte eingebunden, auch wenn sich diese nur noch bedingt rekonstruieren lassen. Vor allem aber sind gestaltete Unterseiten Speicher vorenthaltenen Wissens (Bildlichkeit). Das Projekt untersucht folglich die Produktivität des Verborgenen und fragt, wie sich dessen Semantik im Verhältnis zur Mehransichtigkeit der Objekte durch Gestaltung, Material und Technik artikuliert und dadurch sowohl soziale Ordnung gestiftet als auch der sakrale Raum strukturiert werden.


Die Serpentinschale aus dem Musée du Louvre. Zum fiktionalen Potential gemaserter Materialien in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst im Rahmen des DFG-Netzwerks "Zwischen Präsenz und Evokation. Fingierte Materialien und Techniken im frühen und hohen Mittelalter"

Wenig ist über die Serpentinschale aus dem Schatz von Saint-Denis bekannt, die heute zur Sammlung des Louvre gehört. Die zeitliche Einordnung als spätantik, frühchristlich und frühmittelalterlich deutet an, dass man es mit einem hinsichtlich seiner Herkunft und Genese enigmatischen Objekt zu tun hat. Die Besonderheit der Schale besteht in einem grünen Serpentin, der zusammen mit den darin eingearbeiteten goldenen Fischchen den Eindruck sich auf der Wasseroberfläche tummelnder Tiere erzeugt. Es geht hier also weniger um die Evokation anderer Materialien in der wahrscheinlich als Patene genutzten Schale. Vielmehr wird eine Transformation in ein anderes Element angedeutet, allerdings ohne, dass der artifizielle Charakter (goldenen Fische) überlagert würde.

Der Beitrag zum DFG-Netzwerk „Zwischen Präsenz und Evokation“ nimmt diese besondere Gestaltung zum Ausgangspunkt, um nach dem fiktionalen Potential gemaserter Materialien (Serpentin, Onyx, und Sardonyx) in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst zu fragen. Dazu werden zwei Vergleichsgruppen in den Blick genommen. So haben sich zum einen aus dem byzantinischen Reich Kelche und Patenen aus in Gold gefassten gemaserte Materialien erhalten. Zum anderen gilt es, iberische Reliquienkästchen heranzuziehen, in denen gemaserte Materialien als Fensterverschlüsse miniaturisierter Architekturen fungieren. Im Vergleich zur Serpentinschale ist zu erarbeiten, wie gerade das Zusammenspiel zwischen der formal zumeist Ordnung generierenden Fassung einerseits und der amorphen Struktur gemaserter Materialien andererseits Vorstellungen von Bewegung und auch Lebendigkeit weckt.

weitere Informationen: https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/praesenz-und-evokation/mitglieder/duempelmann/index.html

  • Von den Rändern her gedacht. Visuelle Rahmungsstrategien in Handschriften der Iberischen Halbinsel (Sensus Studien zur mittelalterlichen Kunst8) (Köln: Böhlau, 2018).
  • [Mitherausgeberschaft] Beziehungsreiche Gewebe: Textilien im Mittelalter (Frankfurt: Peter Lang, 2012).
  • [Mitherausgeberschaft] AusBILDung des Rechts. Vermittlung und Systematisierung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften (Frankfurt: Peter Lang, 2009).
  • [Mitherausgeberschaft] Raum und Ort als Kategorien der Kunstgeschichte. Themensonderheft der Rezensionszeitschrift Kunstform 7 (2006), Nr. 4 [https://www.arthistoricum.net/kunstform/rezension/ausgabe/2006/4/e/]
  • Gemalte Heiligkeit. Bilderzählungen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts (Petersberg: Michael Imhof, 2008).
    [Rez. David Ganz, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 11 http://www.sehepunkte.de/2009/11/14771.html]
  • Der Codex als offenes Gebilde. Überlegungen zur fragilen Materialität mittelalterlicher Handschriften, in: Codex und Material, hg. v. Patrizia Carmassi/Gia Toussaint (Wiesbaden 2018), 91-118.
  • Vorhang auf: Entgrenzung und Transzendenz in den Wandmalereien der Kirche San Julián de los Prados (Oviedo), in: Heilige. Bücher – Leiber – Orte. Festschrift für Bruno Reudenbach, hg. v. Daniela Wagner/Hanna Wimmer (Berlin: Reimer, 2018), 229-241.
  • Beyond Foreign. Textiles from the Castilian Royal Tombs in Santa María de las Huelgas in Burgos, in: Oriental Silks in Medieval Europe (Riggisberger Berichte 21), hg. v. Juliane von Fircks/Regula Schorta (Riggisberg: Abegg-Stiftung, 2016), 213-230.
  • Der Codex Albeldense. Rezeption, Autorschaft und Aufgaben mittelalterlicher Buchausstattung, in: Kanon Kunstgeschichte: Einführung in Werke, Methoden und Epochen. Bd. 1: Mittelalter, hg. v. Kristin Marek/Martin Schulz (München: Wilhelm Fink, 2015), 55-77.
  • Cultures Re-shaped: Textiles from the Castilian Royal Tombs in Santa María de las Huelgas in Burgos, in: Dressing the Part. Textiles as Propaganda in the Middle Ages, hg. v. Margaret Goehring/Kate Dimitrova (Turnhout: Brepols, 2015), 95-105.
  • Uf daz man daz unsicher von dem sichren bekenen mug‘. The Evidence of Visions in the Illustrated Vitae of Caterina of Siena, in: Caterina of Siena: the Creation of a Cult (Medieval Women: Texts and Contextes), hg. v. Jeffrey F. Hamburger/Gabriela Signori (Turnhout: Brepols, 2013), 215-238.
  • Das Kreuz an der Schwelle. Strategien der Vergegenwärtigung in nordspanischen Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Frühmittelalterliche Studien 46 (2012), 373-389.
  • Zur Lesbarkeit des Unleserlichen: Ornamentalität in Bildmustern spanischer Buchstabenlabyrinthe, in: Ornament: Motiv, Modus, Bild, hg. v. Vera Beyer/Christian Spiess (Paderborn: Wilhelm Fink, 2012), 287-314.
  • tous les membrez en un vray corps“ – Rechtssprechung und Körpermetapher im Trajan/Herkinbald-Teppich des Berner Historischen Museums, in: Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Diskurs des späteren Mittelalters, hg. v. Michael Rothmann/Gabriela Annas/Petra Schulte (Berlin, Duncker & Humblot, 2012) [zugleich: Zeitschrift für Historische Forschung; Beihefte 47].
  • Eingangsminiaturen als Schwellen und Programm im „Decretum Gratiani“ und in den „Dekretalen“ Gregors IX, in: AusBILDung des Rechts. Vermittlung und Systematisierung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften, hg. v. Kristin Böse/Susanne Wittekind (Frankfurt: Peter Lang, 2009), 21-37 [mit Susanne Wittekind].

6. Forum Kunst des Mittelalters

SINNE / SENSES


Frankfurt am Main, 28.09.-01.10.2022


Organisation: Kristin Böse und Joanna Olchawa (Goethe-Universität Frankfurt)
mit weiteren Partnern in Frankfurt am Main sowie dem Deutschen Verein für Kunstwissenschaft e.V.

Weitere Informationen: www.mittelalterkongress.de

Programm als PDF 

Akademischer Werdegang

seit 2018
Professorin für mittelalterliche Kunst am Kunsthistorischen Institut der Goethe-Universität Frankfurt am Main
2014 – 2018
Professurvertretung am Institut für Kunstgeschichte der HHU Düsseldorf
2015
Habilitation (Von den Rändern her gedacht. Visuelle Rahmungsstrategien in frühmittelalterlichen Handschriften am Beispiel der Iberischen Halbinsel)
2014
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Mittelalterstudien (ZEMAK), Universität zu Köln
2013    
Visiting Scholarship am Institute for German Cultural Studies der Cornell University
2010-2013    
Fellow der Fritz Thyssen-Stiftung (Ornament, Zeichen und Raum. Konstruktion von Identität in spanischen Handschriften des 10.-12. Jh.)
2003-2010
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln
2004    
Promotion im Fach Kunstgeschichte an der Universität Hamburg (Gemalte Heiligkeit. Bilderzählungen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts; Publikation der Doktorarbeit 2008 mit dem Hans-Janssen-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ausgezeichnet)
2003     
Doktorandenstipendium am Deutschen Historischen Institut in Rom
2000 - 2002    
Doktorandenstipendium der Universität Hamburg
1993-1999
Studium der Kunstgeschichte, Älteren deutschen Literatur und Klassischen Archäologie an der Universität Hamburg und der Université de Bourgogne in Dijon

Projekte

Ansichtssache.

Zur Visualität der Unterseite früh- und hochmittelalterlicher Objekte (9.-13. Jh.)

Es lassen sich verschiedene Gründe dafür anführen, dass Unterseiten dimensionaler Objekte in der mittelalterlichen Kunstgeschichte bisher keine Aufmerksamkeit erfahren haben. Bis heute nimmt man in der musealen Szenographie selten Rücksicht auf die Stellfläche. Man ist geneigt, eher dem edlen Stein als dem Braunfirnis, eher dem Figürlichen als dem Ornamentalen den Vorzug zu geben. Allzu oft sind Beschreibungen mehransichtiger Objekte durch Begriffe wie ‚Schauseiten' oder ‚Vorderseiten' vs. ‚Rückseiten' geprägt, deren normativer Charakter kaum hinterfragt ist. Damit wird jedoch eine funktionale Hierarchisierung der Seiten fortgeschrieben, die nicht mit den historisch verwendeten Begriffen, Wahrnehmungsweisen und Bewertungen übereinstimmen muss.

Gleichwohl zeigen die bisher bekannten Beispiele, dass die Unterseite zu gestalten weder eine nachrangige/marginale noch eine auf bestimmte Regionen und Zeiten des europäischen Mittelalters beschränkte Gestaltungsaufgabe gewesen sein kann. Das Projekt will diese Forschungslücke schließen. Es nimmt eine grundlegende sowie systematische Untersuchung der Unterseiten vor und leistet auf diese Weise einen Beitrag zur Geschichte der Sichtbarkeit im Mittelalter. Hochmittelalterliche Tragaltäre des 12. und 13. Jahrhundert bieten sich als Nukleus der Untersuchung an, nicht nur, weil hier vergleichsweise häufig gestaltete Unterseiten zu finden sind, sondern auch weil sie eine hinsichtlich Funktion und Adressatengruppe homogene Gruppe darstellen. Davon ausgehend kommen andere Objekte der Schatzkunst vom frühen bis zum hohen Mittelalter, Vasa sacra wie Kelche, Patenen und Pyxiden, aber auch Reliquiare in den Blick – einer Objektgruppe, denen Tragaltäre deshalb verwandt sind, weil in ihnen vergleichbar den ortsfesten Altären Reliquien verwahrt worden sind.

Da in Bestands- und Ausstellungskatalogen die Gestaltung der Stellflächen wenig Berücksichtigung finden, ist zunächst eine materielle Sicherung im Hinblick auf die Quantität und den technischen Zustand der Objekte zu leisten. Zum anderen gilt es ein methodisches Instrumentarium ihrer Bearbeitung zu entwickeln. Zwar hat man sich jüngst verstärkt den Effekten einer gezielten Inszenierung versteckter Seiten gewidmet, die Unterseiten finden hier jedoch keine Berücksichtigung, weil es ihnen an einer offenbarungstheologisch begründbaren, entbergenden Apparatur fehlt. Die Unterseiten lassen sich daher nicht aus einem sinnproduzierenden Wechselspiel von ‚verbergen' und ‚offenbaren' begreifen. Als mobile Bildträger forderten Tragaltäre, Reliquiare und Vasa Sacra einen beweglichen Betrachter und waren damit in flexible Nutzungskontexte eingebunden, auch wenn sich diese nur noch bedingt rekonstruieren lassen. Vor allem aber sind gestaltete Unterseiten Speicher vorenthaltenen Wissens (Bildlichkeit). Das Projekt untersucht folglich die Produktivität des Verborgenen und fragt, wie sich dessen Semantik im Verhältnis zur Mehransichtigkeit der Objekte durch Gestaltung, Material und Technik artikuliert und dadurch sowohl soziale Ordnung gestiftet als auch der sakrale Raum strukturiert werden.


Die Serpentinschale aus dem Musée du Louvre. Zum fiktionalen Potential gemaserter Materialien in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst im Rahmen des DFG-Netzwerks "Zwischen Präsenz und Evokation. Fingierte Materialien und Techniken im frühen und hohen Mittelalter"

Wenig ist über die Serpentinschale aus dem Schatz von Saint-Denis bekannt, die heute zur Sammlung des Louvre gehört. Die zeitliche Einordnung als spätantik, frühchristlich und frühmittelalterlich deutet an, dass man es mit einem hinsichtlich seiner Herkunft und Genese enigmatischen Objekt zu tun hat. Die Besonderheit der Schale besteht in einem grünen Serpentin, der zusammen mit den darin eingearbeiteten goldenen Fischchen den Eindruck sich auf der Wasseroberfläche tummelnder Tiere erzeugt. Es geht hier also weniger um die Evokation anderer Materialien in der wahrscheinlich als Patene genutzten Schale. Vielmehr wird eine Transformation in ein anderes Element angedeutet, allerdings ohne, dass der artifizielle Charakter (goldenen Fische) überlagert würde.

Der Beitrag zum DFG-Netzwerk „Zwischen Präsenz und Evokation“ nimmt diese besondere Gestaltung zum Ausgangspunkt, um nach dem fiktionalen Potential gemaserter Materialien (Serpentin, Onyx, und Sardonyx) in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst zu fragen. Dazu werden zwei Vergleichsgruppen in den Blick genommen. So haben sich zum einen aus dem byzantinischen Reich Kelche und Patenen aus in Gold gefassten gemaserte Materialien erhalten. Zum anderen gilt es, iberische Reliquienkästchen heranzuziehen, in denen gemaserte Materialien als Fensterverschlüsse miniaturisierter Architekturen fungieren. Im Vergleich zur Serpentinschale ist zu erarbeiten, wie gerade das Zusammenspiel zwischen der formal zumeist Ordnung generierenden Fassung einerseits und der amorphen Struktur gemaserter Materialien andererseits Vorstellungen von Bewegung und auch Lebendigkeit weckt.

weitere Informationen: https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/praesenz-und-evokation/mitglieder/duempelmann/index.html

  • Von den Rändern her gedacht. Visuelle Rahmungsstrategien in Handschriften der Iberischen Halbinsel (Sensus Studien zur mittelalterlichen Kunst8) (Köln: Böhlau, 2018).
  • [Mitherausgeberschaft] Beziehungsreiche Gewebe: Textilien im Mittelalter (Frankfurt: Peter Lang, 2012).
  • [Mitherausgeberschaft] AusBILDung des Rechts. Vermittlung und Systematisierung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften (Frankfurt: Peter Lang, 2009).
  • [Mitherausgeberschaft] Raum und Ort als Kategorien der Kunstgeschichte. Themensonderheft der Rezensionszeitschrift Kunstform 7 (2006), Nr. 4 [https://www.arthistoricum.net/kunstform/rezension/ausgabe/2006/4/e/]
  • Gemalte Heiligkeit. Bilderzählungen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts (Petersberg: Michael Imhof, 2008).
    [Rez. David Ganz, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 11 http://www.sehepunkte.de/2009/11/14771.html]
  • Der Codex als offenes Gebilde. Überlegungen zur fragilen Materialität mittelalterlicher Handschriften, in: Codex und Material, hg. v. Patrizia Carmassi/Gia Toussaint (Wiesbaden 2018), 91-118.
  • Vorhang auf: Entgrenzung und Transzendenz in den Wandmalereien der Kirche San Julián de los Prados (Oviedo), in: Heilige. Bücher – Leiber – Orte. Festschrift für Bruno Reudenbach, hg. v. Daniela Wagner/Hanna Wimmer (Berlin: Reimer, 2018), 229-241.
  • Beyond Foreign. Textiles from the Castilian Royal Tombs in Santa María de las Huelgas in Burgos, in: Oriental Silks in Medieval Europe (Riggisberger Berichte 21), hg. v. Juliane von Fircks/Regula Schorta (Riggisberg: Abegg-Stiftung, 2016), 213-230.
  • Der Codex Albeldense. Rezeption, Autorschaft und Aufgaben mittelalterlicher Buchausstattung, in: Kanon Kunstgeschichte: Einführung in Werke, Methoden und Epochen. Bd. 1: Mittelalter, hg. v. Kristin Marek/Martin Schulz (München: Wilhelm Fink, 2015), 55-77.
  • Cultures Re-shaped: Textiles from the Castilian Royal Tombs in Santa María de las Huelgas in Burgos, in: Dressing the Part. Textiles as Propaganda in the Middle Ages, hg. v. Margaret Goehring/Kate Dimitrova (Turnhout: Brepols, 2015), 95-105.
  • Uf daz man daz unsicher von dem sichren bekenen mug‘. The Evidence of Visions in the Illustrated Vitae of Caterina of Siena, in: Caterina of Siena: the Creation of a Cult (Medieval Women: Texts and Contextes), hg. v. Jeffrey F. Hamburger/Gabriela Signori (Turnhout: Brepols, 2013), 215-238.
  • Das Kreuz an der Schwelle. Strategien der Vergegenwärtigung in nordspanischen Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Frühmittelalterliche Studien 46 (2012), 373-389.
  • Zur Lesbarkeit des Unleserlichen: Ornamentalität in Bildmustern spanischer Buchstabenlabyrinthe, in: Ornament: Motiv, Modus, Bild, hg. v. Vera Beyer/Christian Spiess (Paderborn: Wilhelm Fink, 2012), 287-314.
  • tous les membrez en un vray corps“ – Rechtssprechung und Körpermetapher im Trajan/Herkinbald-Teppich des Berner Historischen Museums, in: Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Diskurs des späteren Mittelalters, hg. v. Michael Rothmann/Gabriela Annas/Petra Schulte (Berlin, Duncker & Humblot, 2012) [zugleich: Zeitschrift für Historische Forschung; Beihefte 47].
  • Eingangsminiaturen als Schwellen und Programm im „Decretum Gratiani“ und in den „Dekretalen“ Gregors IX, in: AusBILDung des Rechts. Vermittlung und Systematisierung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften, hg. v. Kristin Böse/Susanne Wittekind (Frankfurt: Peter Lang, 2009), 21-37 [mit Susanne Wittekind].

Kunstgeschichtliches Institut
Kunstgeschichte@kunst.uni-frankfurt.de
Hausanschrift: Rostocker Straße 2, 60323 Frankfurt // Briefsendungen:  60629 Frankfurt